Expat-Partner: Karrierefrau im eigenen Land, Hausfrau im Ausland

[dropcap]D[/dropcap]as Angebot klang verlockend: Annabells Mann bekam ein tolles Jobangebot, inklusive Beförderung und einem Gehalt, welches sein jetziges fast verdoppelte. Doch einen Hacken hatte die Geschichte: Der neue Job befand sich in Hong Kong und der Vertrag war auf vier Jahre begrenzt.

Jens war von Anfang an Feuer und Flamme: „Das ist die Gelegenheit! Wir wollten doch schon immer mal im Ausland leben und Hong Kong ist eine so moderne Stadt. Mein Gehalt dort ist mehr als genug für uns beide zusammen“.

Annabell willigte ein, die Abenteuerlust hatte sie gepackt und ihr jetziger Job als Senior Consultant bei einer Wirtschaftsprüfergesellschaft machte ihr schon lange keine Freude mehr und war eher eine Beschäftigungstherapie als eine Karriere.

Die ersten Monate in Hong Kong waren aufregend. Annabell kümmerte sich liebevoll um die Einrichtung der kleinen Wohnung in Causeway Bay und der Chinesisch-Kurs, in den sie sich bereits in der zweiten Woche angemeldet hatte, trug auch schon langsam Früchte. Doch dann begann Annabell sich zu langweilen.

Routine war eingekehrt und auf die Bewerbungen, die sie an internationale Unternehmen geschrieben hatte, bekam sie keine Antwort. Was sollte sie hier die nächsten vier Jahre machen? Alle Touristen-Attraktionen hat sie bereits abgeklappert und mittlerweile kümmert sie sich nur um den Haushalt.

Jens war in seinem neuen Job ganz eingenommen und es war zudem keine Seltenheit, dass er nach Arbeitsschluss mit den einheimischen Kollegen einen Trinken ging. Sie hingegen blieb die meiste Zeit des Tages zu Hause und langweilte sich.

1Gründe für die Arbeitslosigkeit von Expat-Partnern:

Nur die wenigsten Paare haben das Glück, wenn beide auf Anhieb einen Job im neuen Land finden. Die Gründe hierfür sind zahlreich, die folgenden sind die häufigsten:

  • Arbeitsgenehmigung: Während der eine Partner eine Arbeitserlaubnis erlangt hat, kann es in einigen Fällen vorkommen, dass der Partner zwar mit im Expat-Land leben darf, dort aber überhaupt keine Arbeitserlaubnis bekommt. In so einem Fall sollte man sich genauer informieren, ob es die Möglichkeit eines Sponsorship durch eine Firma gibt und ob es sich trotzdem lohnt, sich auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben.
  • Erfolglose Bewerbungen: Es scheint als ob Einheimische bevorzugt werden. In einigen Ländern kann es sein, dass man Ihre Qualifikationen nicht anerkennt oder mit Ihnen kein Risiko eingehen möchte. Vielleicht befürchtet man sogar, dass Sie zu viel Gehalt verlangen könnten.
  • Sprachbarrieren: Auch wenn heutzutage in vielen multinationalen Kooperationen Englisch als offizielle Unternehmenssprache gesprochen wird, kann es sein, dass Sie keinen Job finden, da Sie die Landessprache nicht sprechen.

2In der Zwickmühle: Was tun, wenn der Partner zurück in die Heimat möchte

Eine Auslandsentsendung ist nicht nur für den Expat mit Gefühlschaos verbunden, Expat-Partner, die im Entsendungsland keinen Job haben, fühlen sich oftmals isoliert und fallen in ein tiefes Loch, wenn sie nichts zu tun haben. Während der eine Partner völlig im neuen Land aufgeht, kann es passieren, dass der andere sich nur langweilt und keine sozialen Kontakte hat.

Jens verstand Annabells Frust überhaupt nicht: „Dir liegt die Welt zu Füssen, du kannst alles machen, was du willst“. Annabell hatte Heimweh. Es lag nicht an Hong Kong, aber daran, dass sie eine traditionellere Rolle eingenommen hatte: sich um den Haushalt zu kümmern. Keine Herausforderungen, keine Erfolgserlebnisse und keine sozialen Kontakte stürzten Annabell in Unmut.

Zu lange hatten sie sich auf die Auslandsentsendung vorbereitet und zu Anfang hatte sie auch viele Pläne, was sie in ihrer Freizeit alles machen könnte, doch jetzt sehnt sie sich nach einer gewissen Struktur. Annabell befand sich in einer Zwickmühle. Ihrem Partner gefiel der neue Job und über das Gehalt konnte sie nicht klagen. Sie fühlte sich schuldig, dass sie sich überhaupt beklagte, aber sie fühlte sich so nutzlos im neuen Land.

Viele Expats brechen sogar ihre Auslandsentsendung ab, wenn es dem Partner im Entsendungsland nicht gefällt. Aber soweit muss es nicht kommen. Die folgenden Tipps, helfen Ihnen, wenn Sie als Expat-Partner den Auslands-Blues haben:

  • Gefühlschaos ist ganz normal: Machen Sie sich bewusst, dass die keine sozialen Kontakte und die fehlende Struktur in Ihrem Leben nur vorrübergehend sind. Jeder Expat durchläuft mehrere Gefühlsphasen, wenn er in einem neuen Land ankommt. Heimweh ist ganz normal und kann bekämpft werden, indem man seinen vorherigen Hobbies nachgeht, oder die deutsche Lieblings-TV-Show weiterverfolgen kann oder ganz einfach mit Freunden den Kontakt über E-Mail, Skype oder Whatsapp hält.
  • Raus aus dem Trott: Zuhause depressiv rumsitzen bringt nichts. Auch wenn sie sich das Auslandsabenteur anders vorgestellt haben, sollten Sie sich nicht verkriechen. Melden Sie sich im Fitnessstudio an oder gehen Sie regelmäßig in der Natur spazieren um den Kopf frei zu bekommen. Sportliche Aktivitäten heben die Laune und sind oftmals der erste Schritt um den Auslands-Blues zu bekämpfen.
  • Sprachkenntnisse erlangen oder aufpolieren: Ein Sprachkurs ist eine gute Möglichkeit, um das Land in dem man sich befindet, besser kennen zu lernen. Zudem kann man neue Leute kennenlernen, die womöglich wie Sie auch fremd im Land sind.
  • Netzwerken: Gehen Sie online und informieren Sie sich über Netzwerkgruppen in Ihrer Nähe. Internations ist zum Beispiel ein Expat-Portal, welches regelmäßig Treffen in den meisten größeren Städten veranstaltet.

3Alternativen zu einem Bürojob

Eine feste Stelle ist mehr als nur das monatliche Gehalt auf dem Konto. Wer keine Aufgabe und somit auch keine Erfolgserlebnisse hat, fühlt sich schnell nutzlos. Zudem kann die Hausarbeit einen sehr frustrieren. Welche Alternative gibt es also für Expat-Partner, die im Ausland keinen Job finden oder keine Arbeitserlaubnis haben?

  • Sich besser auf dem Arbeitsmarkt positionieren: Die ersten Anlaufstellen um einen Job im Ausland zu finden sind: Firmen, bei denen Sie bereits in Ihrem Heimatland gearbeitet haben, das Unternehmen Ihres Partners, internationale und deutsche Firmen. Wer eine neue Richtung einschlagen möchte, hat es oftmals viel schwieriger auf einem ausländischen Arbeitsmarkt.
  • Selbstständig machen: Wer keine Arbeitserlaubnis hat, kann sich auch selbstständig machen oder ein Online-Business ins Leben rufen. Mehr Infos zum Thema Selbstständigkeit.
  • Freelancer werden: Auch wenn Sie im Ausland leben, bedeutet dies nicht, dass Sie für diese Land arbeiten möchten. Als Freelancer können Sie von überall aus Jobs annehmen. Mehr Infos zu ortsunabhängige Jobs.
  • Buch oder Blog schreiben: Elizabeth Gilbert hat Ihre Auslandszeit dazu genutzt das Buch Eat Pray Love zu schreiben. Vielleicht haben auch Sie eine Buchidee, die Sie jetzt aufs Papier bringen könnten.
  • Zurück an die Uni: Bilden Sie sich weiter. Die können Sie auf der lokalen Universität machen oder ganz bequem online.
  • Ehrenamtlich organisieren: Wenn es Ihnen nicht ums Geld verdienen geht, können Sie sich ehrenamtlich betätigen und somit Gutes tun.
Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.