Nachhaltig Reisen: Utopie oder Notwendigkeit für den Tourismus

Nachhaltig Reisen
Nachhaltig Reisen wird viel zu oft verkompliziert. (Foto: Shutterstock)
[dropcap]N[/dropcap]achhaltiges Reisen oder auch Sustainable Travel genannt wird immer beliebter bei umweltbewussten Menschen. Manch Reiseveranstalter wirbt gezielt mit dem Begriff „Nachhaltiger Tourismus“ und schlägt zusätzliche Kosten für die Reise drauf, damit der Reisende das Gefühl bekommt etwas für die Umwelt getan zu haben. Jetzt stellt sich allerdings die Frage: Wie nachhaltig kann man reisen?

Massentourismus oder unberührte Strände abklappern

Nachhaltig Reisen 2020Niemand mag das Wort Massentourismus. Es steht im Allgemeinen dafür, dass Touristen nach und nach abgefertigt werden und ihren Müll an allen Ecken zurücklassen.

Dabei kann Massentourismus sogar ungeahnte Vorteile haben, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Die im Sommer gecharterten Flüge sind in den meisten Fällen restlos ausgebucht. Vom Flughafen werden die Gäste dann zusammen in einem Bus zu dem Hotel gefahren. Am Urlaubsort haben sie dann die Gelegenheit die Gegend entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit lokalen Reiseveranstaltern zu erkunden.

Im Gegenzug zu Massentourismus gibt es natürlich noch die Möglichkeit unberührte Strände und Gegenden zu erkunden und ganz für sich alleine zu sein. Das Problem bei dieser Art von Reisen ist, dass man teilweise in einem halbleeren Flugzeug sitzt und dann vor Ort ein Auto mietet mit dem man dann in die unberührte Natur hinausfahrt.

Mit Nachhaltigkeit hat dies nicht viel zu tun und das Problem bei Reisen zu den absoluten Geheimtipps ist zudem, dass damit fast jeder Fleck der Erde, der noch unberührt zu sein scheint, abgegrast wird.

Nachhaltiger Tourismus steckt noch in den Kinderschuhen

Wenn man sich die Optionen von Reiseveranstaltern anschaut, die nachhaltige Reisen anbieten, kommt man ganz schön ins Grübeln. Soll ein Fernreisebus ausgestattet mit WLAN und Klimaanlage mit dem es für 14 Stunden nach Spanien geht, tatsächlich weniger CO2 verbrauchen als ein zwei bis drei stündiger Flug mit anschließender Fahrt im Zug zur Innenstadt und von dort aus mit dem Taxi zum Hotel?

Andere Anbieter versprechen einen Teil der Einnahmen an eine wohltätige Organisation zu spenden und werben damit, dass sie Hotels nach deren CO2-Ausstoß bewerten können.

Nachhaltige Reise planen

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt, denn man weiß nicht, ob diese Art von Ablassbrief eher was für das Gemüt als für die Umwelt selbst darstellen soll.

Die Messbarkeit von nachhaltigem Tourismus ist das größte Problem und hierbei geht es nicht um die CO2-Debatte. Selbsternannte Nachhaltigkeitsorganisationen vergeben Zertifikate und Siegel, die dem Endkunden zeigen sollen, dass das jeweilige Hotel oder der jeweilige Reiseveranstalter besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legt.

Das solche Organisationen diese Zertifikate nur für eine Aufwandsentschädigung verleihen und viele kleinere Betriebe das Geld lieber anderweitig ausgeben, bedeutet natürlich nicht, dass man sie automatisch mit Umweltsündern gleichsetzt.

Woran erkennt man ein nachhaltiges Hotel?

In vielen Hotels gibt es bereits den Vermerkt, dass aufgehängte Handtücher nicht täglich gewechselt werden. Zudem wird Shampoo und Duschgel in einigen Hotels in Seifenspendern bereitgestellt und nicht in einzeln verpackten Plastikverpackungen verteilt.

Nachhaltig Reisen Tipps

Marmelade und Honig muss auch nicht einzeln verpackt sein, sondern kann in einer großen Schale bereitgestellt werden. Dies sind kleine Beispiele wie Hotels sich an Nachhaltigkeit rantasten können. Grüne Hotels gehen natürlich noch einen Schritt weiter und achten zum Beispiel ganz besonders auf Wasser, Energie, Recycling, Entsorgung von Müll und Kompost.

Bewusst nachhaltig Reisen – gesünder und billiger als du denkst!

Nachhaltiges Reisen muss keine Utopie sein und nüchtern betrachtet geht dies natürlich auch ohne Zertifikate, Spendenzwang und fragwürdige Anbieter. Im Grunde genommen kann man nachhaltige Reisen auch mit gesünderen Reisen gleichsetzen.

 Hier ein paar Tipps für eine nachhaltige Reise: 

1Bed & Breakfast statt Luxushotel

Gut ausgewählt kann man bei einem freundlichen Bauern unterkommen, der auch noch den Großteil der Verpflegung selbst anbaut. Bio-Essen und frische Farmluft sind luxuriöser und vor allem gesünder als zuckrige Parfais und teure Zimmer mitten in der Großstadt.

2Lokale Restaurants und Bauernmärkte statt All-inclusive Urlaub

Tourismus ist vielerorts die wichtigste Einnahmequelle. All-inclusive Angebote besteht in den meisten Fällen aus dem billigsten Essen und zwar viel davon. Dies ist nicht nur ungesund und lässt die meisten Urlauber in eine Art Fress-Koma verfallen, sondern ist zudem nicht förderlich für den eigentlichen Tourismus.

Beim All-inclusive Urlaub geht das meiste Geld nur in eine Tasche. In vielen Fällen in die eines reichen ausländischen Investors. Wer die Einheimischen unterstützen möchte, sollte deshalb die lokalen Restaurants besuchen oder auf dem Bauernmarkt einkaufen.

3Wandern und Radtouren statt Elefantenreiten und Safaris

Man hat das Gefühl, dass Reiseveranstalter immer interessantere Angebote zusammenschneidern müssen, um die erlebnishungrigen Reisenden herzulocken.

Tiersafaris greifen enorm in die Natur ein und schaden den Tieren. Wer Zeit in der Natur verbringen möchte, der sollte über eine Wander- oder Radtour nachdenken.

4Strandurlaub oder Städtetrip statt Rundreise

Urlaub soll ein Erlebnis sein und auch zur Entspannung beitragen. Rundreisen können unnötig abhetzen. Einen Ort besser kennenzulernen ist nachhaltiger und vor allem entspannter als alles abzuklappern.

5Gut recherchieren statt Last-Minute Reise

Ohne vorher alles genaustens recherchiert zu haben, läuft man schnell Gefahr, dass man eher die umweltunfreundlichste Option wählt. Dies gilt in vieler Hinsicht nicht nur für die Wahl des Hotels, aber auch im Hinblick auf Essensmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten.

Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.