Unterbezahlung kann sich dadurch bemerkbar machen, dass einem mehr Verantwortung ohne Gehaltserhöhung aufgebrummt wird oder die letzte Gehaltsverhandlung viel zu lange her ist. Wenn das Unternehmen für welches du dich Tag für Tag ins Zeug legest, stetig wächst und gedeiht, solltest du nachhaken. Ein Erfolg jagt den nächsten und die Firmenchefs zeigen sich dankbar, aber nicht erkenntlich. Dies kann auf Dauer ganz schön an deinem Selbstwertgefühl nagen.
Wer eine Gehaltsverhandlung nicht wagt, gewinnt auch nichts. Dies bescheinigt jetzt eine Umfrage vom Februar 2019 des Personaldienstleisters Robert Half in den USA. Dieser befragte mehr als 2.700 Büroangestellte, ob und wie sie das Thema Geld während einem Bewerbungsprozess ansprechen. Kontrolliert wurde die Umfrage mit weiteren 2.800 leitenden Angestellten, die für mindesten 20 Mitarbeiter Verantwortung trugen. Dies sind die Erkenntnisse aus der Umfrage:
Bewerber werden mutiger und verhandeln ihr Gehalt zunehmend
Während 2018 nur 39 Prozent der Bewerber ihr Gehalt nach einem Jobangebot tatsächlich verhandeln wollten, ist die Bereitschaft ein höheres Gehalt anzusprechen 2019 auf 55 Prozent gestiegen. Nach der Robert Half Umfrage, haben also im Jahr 2019 45 Prozent der Befragten das Jobangebot kampflos ohne nachfragen einfach angenommen.
Arbeitgeber erwarten, dass man die Verhandlung eröffnet
In Zahlen ist herausgekommen, dass 70 Prozent der Entscheidungsträger erwarten, dass die Kandidaten das erste Gehaltsangebot nicht ohne eine Verhandlung annehmen. Rund 60 Prozent der Befragten Arbeitgeber sind bereit über das Gehalt und mögliche andere Vorteile zu verhandeln.
Männer und jüngere Bewerber verlangen mehr Gehalt
Ein signifikanter Unterschied wurde ebenso bei der Umfrage im Bezug auf das Geschlecht und Alter festgestellt. Männer neigen eher dazu eine Gehaltsverhandlung anzusprechen als Frauen. Demnach gaben 68 Prozent der Männer, aber nur 45 Prozent der Frauen an, das Gehalt im Jobangebot verhandelt zu haben. 65 Prozent der jüngeren Bewerber, zwischen 18 und 34 Jahre, gaben an bei einem neuen Job nach einer Gehaltserhöhung gefragt zu haben. Bei Bewerbern im Alter von 35 und 54 waren es 55 Prozent und ab 55 Jahren nur noch 38 Prozent.
In 4 Schritten herausfinden, wie viel Gehalt man wert ist
1Marktwert genau recherchieren
Eine Verhandlung blind anzufangen und einfach drauflos zu pokern, bringt in den meisten Fällen nichts. Du musst schon wissen, was du wert bist. Um dies herauszufinden, musst du Erfahrung, Fähigkeiten und die Marktnachfrage beleuchten. Mache also deine Hausaufgaben und berechne deinen Marktwert wie folgt:
- Durchschnittsgehalt des Berufs erfahren: Wissen, was man für deinen Beruf zahlt. Auf gehalt.de kannst du deine Berufsbezeichnung oder die angestrebte Position eingeben und erhälst einen durchschnittlichen Gehaltswert. Zusätzlich kannst du nach Orten oder Bundesländern filtern. Uni-Absolventen können ihr realistisches Einstiegsgehalt mit absolventa.de überprüfen.
- Firmenspezifische Gehaltszahlen herausfinden: Je größer das Unternehmen, desto größer sind auch die Chancen, dass man genauere Zahlen über durchschnittliche Gehälter zu der jeweiligen Position herausbekommt. Mit glassdoor.de kannst du nicht nur Arbeitgeberbewertungen lesen, sonder auch nach Firmennamen und den von Mitarbeitern eingegebenen Gehältern suchen. Dieses Portal ist ebenso für internationale Gehaltsvergleiche nutzbar.
2Die richtigen Fragen stellen
Bevor es ans verhandeln geht, solltest du so viele Informationen in Erfahrung bringen wie möglich. Fragen in einem Vorstellungsgespräch signalisieren nicht nur, dass man großes Interesse an der Position hat, sondern helfen dir auch dabei sich auf die Gehaltsverhandlung vorzubereiten. Nutze folgende Fragen, um den Weg für die Gehaltsverhandlung einzuleiten:
- Was sind die Erwartungen an diese Position?
- Welche Aufstiegschancen gibt es in dieser Position?
- Wie sieht das Leistungspaket aus und handelt es sich hierbei um ein reines Basisangebot?
- Gibt es ebenso ein Antrittsgeld (engl. signing bonus)?
- Wie oft gibt es Leistungsbeurteilungen und sind Gehaltserhöhungen von diesen Bewertungen abhängig?
3Kenne deinen Wert
Wie die oben erwähnte Umfrage von Robert Half herausgefunden hat, sind es eher Frauen, die sich einfach nicht trauen die Gehaltsfrage auch nur anzusprechen. Wer erst gar nicht fragt, der hat schon verloren. Angst sollte bei einer Gehaltsverhandlung eigentlich keine Rolle spielen, tut sich allerdings bei sehr vielen. Einige Ängste, warum man eine Gehaltsverhandlung erst gar nicht in Betracht zieht, können sein:
- Was werden die von mir denken, wenn ich so viel Geld verlange?
- Die werden sowieso nein sagen und nachher stehe ich dann dumm da.
- Das Geld ist mir ja ein wenig egal, schön wäre es, aber am Ende wollen sie mich gar nicht also möchte ich es mir nicht verscherzen.
Wer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde und ein Jobangebot erhält, der hat was drauf. Erinnere dich an deine Ausbildung und dein Studium sowie deine bisherige Erfahrung und weiteren Qualifikationen. Sollte diese nicht wertgeschätzt werden?
4Knallhart das Gehalt verhandeln
Wer ein Jobangebot erhalten hat, das Gehalt aber nicht den Vorstellungen entspricht oder wer einfach mal versuchen möchte „mehr“ zu bekommen, der muss auch danach fragen. Wer zwei Jobangebote hat, spielt hier natürlich mit den besten Karten. Wenn es Sinn macht, kann man das eine gegen das andere ausspielen. Bringt die eine Position vielleicht mehr Wachstum mit sich, verspricht aber weniger Geld? Dann kannst du mit dem Personaler ehrlich sein und dies als mögliche Verhandlungsbasis verwenden.
Stelle das Gehaltsangebot gegen den üblichen Marktwert. Ist dieses noch im Rahmen oder bewegt sich das Gehalt im unteren Drittel? Wäge genau ab, wie viel mehr realistisch für deine Position wäre.
Ein absoluter Geheimtipp bei Gehaltsverhandlungen: Nenne eine krumme Zahl und gebe eine Gehaltsspanne an. Die geforderte Summe von 4.000 EUR hört sich unüberlegt an. Bei 3.980 bis 4.590 EUR wird der Anschein erweckt, dass du dich wirklich intensiv mit der Recherche befasst hast.
Für Mutige: Wer sich was traut und vermeiden möchte, durch aufwendige Bewerbungsstationen geschleift zu werden, nur um am Ende mit einem niedrigen Gehalt abgespeist zu werden, kann das Gehalt durchaus ansprechen und transparent sein. Die Zeiten haben sich geändert in denen man die Gehaltsfrage partout nicht ansprechen sollte. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Frage nach „wie viel“ nicht als erstes und möglichst nicht gleich im ersten Vorstellungsgespräch gestellt werden sollte.
Für Angsthasen: Wer nicht zu Anfang des Bewerbungsprozesses mit der Tür ins Haus fallen möchte, kann auch nach Erhalt des Jobangebots die Gehaltsfrage ansprechen. Wenn das Angebot erst einmal da ist, hat man sich bereits entschlossen, dich einzustellen. Wer mit einem Angebot in der Hand nach mehr Gehalt fragt, bekommt das Angebot nämlich nicht weggerissen.